Where the crawdads sing (Der Gesang der Flusskrebse) von Olivia Newman. USA, 2022. Daisy Edgar-Jones, Taylor John Smith, Harris Dickinson, David Strathairn, Sterling Macer jr., Garret Dillahunt, Ahna O’Reilly, Jojo Regina
Die kleine Kya lebt mit ihrer Familie Anfang der 50er in den Marschsümpfen North Carolinas und wird nach und nach von all ihren Geschwistern und auch der Mutter verlassen, die den Terror des gewalttätigen Vaters nicht mehr ertragen können. Als der eines Tages auch noch verschwindet, ist Kya ganz auf sich allein gestellt, und wird fortan in der Gegend als das Marschmädchen zum Gegenstand von Mythen, Ablehnung und Vorurteilen. Der nette Tate tritt in ihr Leben, doch lässt er sie im Stich, als er zum Studieren in die Stadt geht. Der unsympathische Chase macht sich an sie ran und kriegt sie irgendwie rum, doch als er sich „standesgemäß“ verlobt und sie sich von ihm abwendet, entpuppt er sich als Schläger und Vergewaltiger und wird eines Tages tot aufgefunden. Sie wird sofort allgemein als einzig mögliche Täterin verdächtigt und mit der Todesstrafe bedroht, doch ihr Anwalt kann sie rausboxen. Sie und Tate finden wieder zusammen, und erst nach ihrem Tod viele Jahre später entdeckt er, dass sie Tate tatsächlich getötet hat.
Ich habe mir sagen lassen, dass das Buch zu diesem Film ganz toll und vor allem sprachlich sehr außergewöhnlich ist. Nun, davon ist in der Verfilmung leider gar nichts übriggeblieben, denn dies ist unter dem Strich nicht mehr als ein ganz gewöhnliches Melodrama mit netten Bildern, elend aufdringlicher Gefühlsverstärkermusik und einer klischeehaften, völlig vorhersehbaren Handlung, in der mit schöner Regelhaftigkeit jedes Mosaiksteinchen brav an seinen Platz fällt. Die Verortung der poor-white-trash-Familie im Milieu der spröden Marschgegend fällt total unter den Tisch, auch das Miteinander der Familienmitglieder wird in den Anfangsminuten allenfalls skizziert, und dann widmet man sich in aller Ausführlichkeit den beiden Liebesgeschichten (die allerdings ohne jede Spannung präsentiert werden) und dem Geschworenenprozess, der ebenso konventionell daherkommt und einzig David Strathairn die Gelegenheit gibt, ein wenig schauspielerische Klasse in die Waagschale zu werfen, und davon gibt’s ansonsten leider nicht so viel. Die Hauptdarstellerin hat eine nette Ausstrahlung, ist aber letztlich ein wenig zu clean für ein Geschöpf, das anderthalb Jahrzehnte lang allein in sehr prekären Verhältnissen gehaust hat, und ihre beiden Lover sind überaus farblose College Boys, die sich ganz und gar nicht einprägen.
Kurz und gut (oder eben leider nicht), ein durch und durch konventioneller Film, der seiner Vorlage offensichtlich nicht gerecht werden kann. Regie und künstlerische Abteilung können keine eigenen Akzente setzen, und so werden die gut zwei Stunden recht lang. (31.8.)