The tragdey of Macbeth von Joel Coen. USA, 2021. Denzel Washington, Frances McDormand, Corey Hawkins, Harry Melling, Bertie Carvel, Kathryn Hunter, Brendan Gleeson, Alex Hassell, Sean Patrick Thomas, Moses Ingram
Zum Auftakt dieses neuen Filmjahres, an das ich ausdrücklich keine Erwartungen mehr habe, gibt’s die soundsovielte Fassung des unverwüstlichen und auch immer wieder faszinierenden Shakespeare-Dramas über Gier und Gewalt und wie man daran zerbrechen kann. Ob’s diesen Film gebraucht hätte? Man kann diese Frage zu Recht stellen, finde ich, denn zwischen Schwarzweiß-Gothic-Streifen und naturalistischem Horror hat‘s eigentlich schon alles gegeben, sollte man meinen, und da ich auch kein sonderlicher Fan der Coen-Brüder bin, hielt sich meine Vorfreude in ziemlichen Grenzen. Aber all dies mal beiseite gelassen, ist dies für mich eine ziemlich gelungene Verfilmung, die ein bisschen was von allen anderen hat (die stilisierten Orte von Welles, das Blut von Polanski) und auch sonst ein paar Filmklassiker zitiert, dies aber so geschickt zu einem neuen, eigenen Werk verwurschtet, wie die Coens das schon immer in ihren besseren Filmen geschafft haben. Gottseidank aber ganz ohne ihren oft so nervtötenden Hang zu drastischem Klamauk. Ganz im Gegenteil – Joel Coen, der diesmal ohne den Bruder unterwegs ist, übt sich in strengster Askese, wählt ein altes, fast quadratisches Bildformat, filmt in körnigem, milchigem Schwarzweiß, reduziert Dekors aufs Nötigste, lässt die wenigen Räume kalt und kahl, stellt ganz die Personen und mehr noch die Sprache in den Mittelpunkt, und das hat mir gut gefallen. Die ganze Wucht und Düsternis dieses immer noch gültigen und prophetischen Stücks über die Destruktivität menschlichen Strebens kommt ungefiltert zur Wirkung, und wie zum Beispiel auch schon Orson Welles inszeniert Coen sehr straff, schnörkellos und zügig. Rein ästhetisch hat mich das sehr angesprochen, inhaltlich sowieso, und über die Hauptdarsteller kann man natürlich streiten. Washington und McDormand leisten eigentlich sehr gute und engagierte Arbeit, haben mich persönlich als fatales Ehepaar nicht ganz so überzeugt wie einige ihrer jüngeren Vorgänger. Kurosawa beispielsweise hat in seiner genialen Version den erotischen Aspekt in Lady Macbeths rastlosen Einflüsterungen wunderbar zur Geltung gebracht, und bei Annis und Cotillard kommt das Motiv der verhinderten Mutterschaft deutlicher und überzeugender zur Geltung als bei McDormand, deren Alter diese Verbindung allein schon unmöglich macht. Hier geht es einzig um Macht, um das Streben nach Ruhm, doch bei der Lady Macbeth, so wie ich sie immer verstanden und gesehen habe, spielen auch noch andere Dinge eine Rolle. Washington als Macbeth ist für mein Empfinden auch nicht gerade der Stärkste seiner Art, aber dennoch haben beide gute, eindringliche Szenen, und da es ansonsten ein paar wirklich tolle Ideen gibt (die Hexen zum Beispiel sind große Klasse), der Film gestalterisch wie schon gesagt sehr überzeugend ist und die Sprache des alten Willie halt so ist, wie sie ist, bleibt unter dem Strich eine Neuverfilmung, die ich mir sehr gern angesehen habe und die wirklich etwas Eigenes an sich hat, auch wenn dies aus vielen kleinen bekannten Stücken zusammengesetzt wurde. (6.1.)