Die Theorie von allem von Timm Kröger. BRD/Österreich/Schweiz, 2023. Jan Bülow, Olivia Ross, Hanns Zischler, Gottfried Breitfuss, Philippe Graber, David Bennent, Imogen Kogge, Ladina Carla von Frisching, Emanuel Waldburg-Zeil, Vivienne Bayley

   Wenn es gar keinen anderen Grund gäbe, diesen Film auf der großen Leinwand erleben zu wollen, dann auf jeden Fall diesen: Die phänomenale Schweißweißfotografie, die fantastisch plastischen Bilder aus den Schweizer Alpen, die bewundert, erlebt, genossen werden wollen, und das habe ich zwei Stunden lang wahrlich getan. Und mich auch gar nicht von den gegen Ende zunehmenden Unmutsäußerungen der Frascatis um mich herum beeinträchtigen lassen. Denn natürlich ist die Geschichte ziemlich schräg, eine effektvolle Mischung aus Mystery, Science Fiction, Thriller und Romanze. Orson Welles meets Marienbad oder so. Darauf abgezielt, uns zu verwirren, nicht daran interessiert, logisch und vollständig zu erzählen, sondern Rätsel aufzugeben, zu Spekulationen zu animieren, unsere Phantasie ein wenig zu aktivieren – und all das ist gelungen, wie ich finde, obwohl ich die Laufzeit nach hinten raus auch als ein ganz bisschen zu lang erlebt habe.

 

   Aber wenn stört das schon, wenn zuvor mit soviel Stil und Genuss die anfänglich vollkommen unverdächtige, dann aber zunehmend ominöse, beunruhigende und zum Ende hin auch recht tragische Geschichte eines jungen Physikers ausgebreitet wird, der mit seinem Doktorvater zum Kongress nach Graubünden reist, dort einer geheimnisvollen Frau verfällt und in Ereignisse hineingezogen wird, die offensichtlich nicht mit dem sachlichen Verstand durchdrungen werden können, einen fatalen Sog entwickeln und ihn auf lange Sicht buchstäblich in den Wahnsinn und dann auch in Tod treiben werden. Es geht scheinbar um eine stillgelegte Uranmine tief im Berg, um Geister, aber auch um die Kriegsvergangenheit, denn die Frau seiner Träume ist Jüdin und in einigen Gesprächen zwischen den prominenten Physikprofessoren wird wiederholt auf deren unrühmliche Rolle in der Nazizeit angespielt. Eine Menge ist möglich und denkbar, doch liegt der Reiz hier auf jeden Fall darin, das Geschehen nicht bis in den hintersten Winkel durchdringen und verstehen und erklären zu wollen, sondern sich viel lieber dem Rausch der Bilder zu überlassen. So jedenfalls habe ich es gehalten und mich bestens vergnügt, und wenn insgesamt vielleicht ein paar Minuten unter den Schneidetisch gefallen wären, würde ich von einer perfekten Stilübung reden, die man hierzulande in dieser Form wohl noch nicht gesehen hat. ˜˜˜˜» (4.11.)