How to blow up a pipeline von Daniel Goldhaber. USA, 2022. Ariela Barer, Kristine Froseth, Lukas Gage, Forrest Goodluck, Sasha Lane, Jayme Lawson, Marcus Scribner, Jake Weary, Irene Bedard

   Es ist schon vertrackt mit unseren lieben Ökoaktivisten von heute – die können es eigentlich niemandem recht machen. Wie wollen wir sie denn am liebsten haben – politisch korrekt und brav auf dem Weg durch die Instanzen? Weiß man doch gleich, dass man so nie im Leben was erreicht, denn im Aufsaugen und Aussitzen waren unsere Politiker schon immer allererste Experten. Oder provozierend und krawallig und auch schon mal so, dass es auch uns in unserem Alltag weh tut? Hm, auch Mist, denn das stört und nervt, und damit machen sie sich und ihrer Sache am Ende keine neuen Freunde, im Gegenteil, es werden sich viele gegen sie wenden, die sonst durchaus mit ihren Ansichten und Absichten sympathisieren würden. Der Konsens geht meistens so: Sie können ruhig mal auf die Kacke hauen, aber nicht vor meiner Tür.

   Insgeheim bewundere ich natürlich ihren Mut und ihre absolute Hingabe für ein Ziel, wohl wissend, dass ich diesen Drive auch in jungen Jahren niemals aufgebracht hätte. Mit solchen Leuten haben wir es hier in diesem Film zu tun: Acht junge Frauen und Männer unterschiedlicher Ethnien und Hintergründe, die sich in West Texas treffen, um eine Ölpipeline an zwei Stellen wegzubomben mit dem Ziel, die Versorgung mit fossilen Brennstoffen so gründlich zu sabotieren, dass das Zeug zu teuer wird, einfach weil jahrelanges Reden und Appellieren und Demonstrieren im Angesicht übermächtiger, profitgieriger, rücksichtsloser Lobbys wieder und wieder gescheitert und versandet sind. In mehreren geschickt eingebauten Rückblenden erfahren wir ein wenig über ihre Herkunft, ihren Hintergrund, ihre Beweggründe, ihre Beziehungen, während es im Hier und Jetzt um den Anschlag geht, den sie alle entschlossen und letztlich auch mit Erfolg durchziehen und der so spannend erzählt wird, dass ich wirklich einhundert Minuten lang ziemlich gefesselt zugeschaut habe. Ein Rennen gegen die Zeit und verschiedene unvorhersehbare Hindernisse und auch die eigenen Nerven, vor allem im Umgang mit hochexplosivem Zeug, das jederzeit und einer falschen Bewegung losgehen kann, und dann sind da ein paar echt fiese Cliffhanger eingebaut, die den Film teilweise in die Nähe eines kommerziellen Actiondramas rücken – aber eben nie so ganz, dazu ist der Stil dann doch eine Spur zu rau und das Sujet eine Spur zu sperrig und die Protagonisten sind eine gehörige Spur zu unglamourös, zumal der Co-Autor und Regisseur überhaupt keinen Hehl aus seiner Sympathie für die acht Aktivisten macht. Er verherrlicht ihr Tun keineswegs, stellt aber ohne großes Pathos die Frage zur Diskussion, ob es unter bestimmten Umständen doch gerechtfertigt sein könnte, zu extremeren Mitteln zu greifen, um den Lauf der Dinge zu verändern, oder ob diese Leute einfach nur verwirrte Chaoten sind, die die Leere in ihrem Leben mit ein bisschen Adrenalin füllen möchten. Goldhaber selbst lässt keinen Zweifel daran, wie er diese Frage für sich beantworten würde, das finde ich sehr gut und legitim, weil es Reibung gibt, und in dieser Frage, die eine der absolut essentiellen Fragen für die Zukunft ist, muss ein wenig Provokation erlaubt sein, ist sogar notwendig, wie ich finde. Ich finde schon, dass der Film zumindest in vielen Ansätzen das Portrait einer zunehmend verzweifelten und zu allem entschlossenen jungen Generation bietet, die sich vom politischen und wirtschaftlichen Establishment an den Rand des Abgrunds gedrängt sieht, und diese Wahrnehmung ist sehr nachvollziehbar, und es ist ebenso nachvollziehbar, dass es einige gibt, die keine andere Möglichkeit sehen, als die träge Gesellschaft durch Knalleffekte wachzurütteln – ob sie damit Erfolg haben werden, ist eine ganz andere Frage, die in diesem Film nicht verhandelt werden kann.

 

   Ein starker, spannender, aussagekräftiger und engagierter Film, der mal ein anderes Bild der USA zeigt, und das hat mir gut gefallen. ˜˜˜˜» (14.6.)