Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste von Margarethe von Trotta. Österreich/Schweiz/BRD/Luxemburg, 2023. Vicky Krieps, Ronald Zehrfeld, Tobias Resch, Basil Eidenbenz, Luna Wedler, Marc Limpach

   So wie der Titel ist dieser Film insgesamt – ein wenig holprig und stockig und nicht halb so interessant, wie er hätte sein können. Der Versuch, uns etwas über Leben und Wesen Ingeborg Bachmanns mitzuteilen, ist an sich schon ziemlich ambitioniert, von Trottas Vorgehensweise ist es diesmal leider weniger. Im Grunde hangelt sie sich ganz konventionell an einigen von Bachmanns Beziehungsgeschichten entlang und möbelt das Ganze dann auf, indem sie alles schnipselartig und chronologisch verschoben arrangiert. Klingt nach Kunst, heißt aber in diesem Falle nur, dass dem Film für meinen Geschmack ein wenig der Fokus fehlt, vor allem in der sehr fahrigen ersten Hälfte, und dass ich über die Bachmann selbst, denn um die soll es ja in erster Linie gehen, nur halb soviel erfahre, wie ich erhofft hatte.

   Im Mittelpunkt soll ihre unglückliche Beziehung zu Max Frisch stehen, daneben spielen aber auch noch Hans Werner Henze und Alfred Opel jeweils größere Rollen und natürlich die titelgebende Reise in die Wüste, die sie zusammen mit Opel unternahm, weil die Wüste einer ihrer Sehnsuchtsorte gewesen sein soll. An Frisch, der hier als besitzergreifender, eifersüchtiger, stockiger Machoschweizer dargestellt wird, kämpft sich die Bachmann tüchtig ab (wobei ich nicht mal begreife, was sie ursprünglich zu ihm hinzog, so wie der bullige Zehrfeld ihn hier präsentiert), zieht ihm zuliebe nach Zürich, was sie fast eingehen lässt, lockt ihn dann in ihr geliebtes Rom, wo er wiederum nicht heimisch wird, und am Ende treibt sie ihn nach Darstellung eines Freundes halbwegs in die Arme einer jungen Frau, die er dann auch gleich ehelichen wird. Dazwischen baut von Trotta düster vorausdeutende Szenen mit brennenden Zigaretten und Tablettenhaufen ein, die sicherlich auf ihre zunehmende psychische Instabilität und ihren späteren Tod verweisen sollen, und dann gibt’s auch noch Szenen, die sie als gefeierten Star der deutschen Nachkriegsliteraturszene zeigen. Und natürlich Szenen aus der Wüste, die sie dazu inspiriert, sich mithilfe erotischer Erfahrungen vom Muff der Frisch-Jahre zu befreien. Oder so ähnlich.

   In einigen wenigen Szenen in der zweiten, der deutlich besseren Hälfte des Films zeigt sich, wie gut er hätte werden können, wenn nämlich das unentwegte Hin- und Hergehopse in Zeit und Raum mal kurzzeitig aufhört und von Trotta sich Zeit und Muße nimmt, sich wirklich mal auf die Bachmann einzulassen. Und wir tatsächlich auch mal ein paar Kostproben ihrer besonderen Sprache zu hören bekommen. Natürlich ist dies keine Künstlerin, die für das Kinopublikum leicht zu erschließen ist, aber wenn man sich schon mal daran versucht, sollte man sich in der Wahl der Mittel ein wenig anpassen, finde ich, und besonders unter dem Aspekt finde ich die Inszenierung viel zu gediegen, und leider wird auch die fabelhafte Vicky Krieps ein bisschen ausgebremst, denn die hat bei anderen Regisseur*innen schon bewiesen, dass sie auch ganz anders kann (siehe Sissy…). Dass von Trotta keine Literaturlesung im Sinn hatte, ist vollkommen okay, und die Beziehung zu Max Frisch gibt sicherlich einiges her, auch für das Verständnis von Bachmanns Werk, doch dann muss man sich als Filmemacherin mal trauen und mehr ins Detail gehen, vor allem der Kunst selbst näher zuleibe rücken – doch das tut von Trotta weitgehend nicht, sie belässt es bei einigen griffigen Zitaten, die leider im Film selbst ziemlich im leeren Raum hängen bleiben.

 

   Insgesamt trotz einiger hübscher Wüstenbilder und trefflich eingefangenen 50er- und 60er-Jahre-Kolorits keine wirklich runde Sache und auf jeden Fall kein Film, der mich direkt auf Ingeborg Bachmanns Spuren locken könnte. Ich weiß auch nicht, wieso man diese Frau ausschließlich über ihre Männerbekanntschaften erzählt, oder ob es nicht auch einen anderen Zugang gegeben hätte. Von Trottas wählt die konventionelle Variante, und das hat mich im Großen und Ganzen nicht recht überzeugt. ˜˜» (30.10.)