M – Eine Stadt sucht einen Mörder von Fritz Lang. Deutschland, 1931. Peter Lorre, Gustav Gründgens, Otto Wernicke, Theodor Loos, Theo Lingen, Paul Kemp, Friedrich Gnaß, Fritz Odemar, Ernst Stahl-Nachbaur, Georg John, Franz Stein, Ellen Widmann

   Ich habe so meine Reserven gegenüber den deutschen Stummfilmen von Fritz Lang, gegen ihren schwergängigen Monumentalismus vor allem, aber „M“ ist ganz ohne Zweifel ein Klassiker, der seinem Ruf auch nach über neunzig (!) Jahren noch vollauf gerecht wird. Ein Paradebeispiel für einen Genrefilm, der auf beeindruckend souveräne Weise Milieu- und Charakterstudie und Spannung unter einen Hut bringt – Berlin in den ganz frühen 30ern, Hinterhöfe, kleine Leute, die Unterwelt, die Polizei und der grausame Mädchenmörder, der das bis dato eingespielte Kräfteverhältnis stört und der folglich beseitigt werden muss. Selbstjustiz, der Mob, der sofort aufflammt, die allgemeine Armut, die die Gewaltbereitschaft offenbar verstärkt, Gustav Gründgens als eiskalter Ledermantelmann, der vielleicht als eine Vorausdeutung kommender Schrecken verstanden werden könnte, zusammen mit der Lynchstimmung, die den finalen „Prozess“ gegen den Mädchenmörder prägt.

   Lang mischt den typischen Berliner Witz unter seine düstere Geschichte, treibt die Handlung über fast zwei Stunden unermüdlich voran und schafft auf diese Weise ein wirkliches Musterbeispiel für eine effektive, ökonomische Dramaturgie, bindet die gepfiffene Peer-Gynt-Suite von Edvard Grieg ebenso unvergesslich ein wie das Kreidezeichen auf dem Rücken des Mörders, die wunderbare Parallelmontage der rauchgeschwängerten Konferenzen von Polizei und Gangstern, nicht zu vergessen natürlich den legendären Auftritt des gepeinigten Triebtäters Peter Lorre, halb Täter, halb Opfer, vor dem Standgericht der Berliner Gangster, eine unvergessliche Szene, die auch nach all der Zeit nichts von ihrer Intensität und abgründigen Faszination eingebüßt hat.

 

   Einer der letzten ganz großen deutschen Filme vor der langen Zeit der Dunkelheit, die hier nicht unbedingt vorweggenommen, aber zumindest in einigen Wesenszügen doch angedeutet wird. Gerade die Laufbahnen der Antagonisten Lorre - Gründgens sagen ungewollt einiges über das aus., was da kommen sollte, aber natürlich kann man all das nicht auf einen einzigen Film wie „M“ projizieren. Als Zeitdokument ist der Film aber ebenso unverzichtbar wie als frühes Beispiel eines Kriminalfilms, der viel mehr ist als eben das. ˜˜˜˜» (27.1.)