Passages von Ira Sachs. Frankreich, 2023. Franz Rogowski, Ben Wishaw, Adèle Exarchopoulos, Erwan Kepoa Falé

   Verwundert reibe ich mir auch im Nachhinein noch die Augen angesichts der begeisterten Kritiken, die dieses Werk allüberall eingesackt hat. Vielleicht fehlt mir auch nur etwas. Oder dem Film fehlt etwas. Oder ich war einfach nicht in der passenden Stimmung. Oder es war die schlechte Luft im Kino.  Egal wieso, ich konnte mich nicht dafür erwärmen und habe ihn eher als ein Musterbeispiel dafür erlebt, wie lang neunzig Minuten auch mal werden können.

   Ein „erotischer“ Reigen in mehreren Akten: Tomas lebt mit Martin. Tomas lernt Agate kennen und erlebt mit ihr einen ganz neuen Sex. Tomas trennt sich von Martin und zieht zu Agate. Martin beginnt eine Beziehung mit Amad. Tomas wird eifersüchtig und rückt Martin wieder auf die Bude. Tomas erzählt Martin, dass Agate schwanger ist. Martin spürt, dass er nicht von Tomas loskommt und trennt sich von Amad. Agate erkennt, dass sie zwischen Tomas und Martin keinen Raum haben wird und lässt eine Abtreibung machen. Tomas und Martin leben wieder zusammen. Martin trifft Agate und erfährt erst jetzt von der Abtreibung. Martin erkennt, dass er mit Tomas nicht glücklich werden kann und trennt sich endgültig von ihm. Tomas versucht, wieder bei Agate zu landen, doch sie weist ihn ab. Frustriert radelt Tomas am Schluss durch das nächtliche Paris.

 

   Genauso mechanisch habe ich teilweise diese Erzählung empfunden – noch ein Haken und noch ein Haken und noch einer. Mal ist der eine unglücklich, dann der andere, und am Ende sind sie alle drei unglücklich. Doch das hat in mir nichts ausgelöst. Der Film bleibt mir fern, ich fühle mich zu keinem Zeitpunkt involviert, berührt, angesprochen. Als eine Studie über Selbstsucht und Narzissmus könnte das ganz gut durchgehen – Tomas folgt jedem seiner Impulse mit totaler Rücksichtslosigkeit, ohne sich im geringsten darum zu kümmern, wen er gerade verletzt -, und obwohl Rogowski das mit der gewohnten Körperlichkeit sehr überzeugend spielt, bleibt mir dieser Mensch vollkommen fremd, ich empfinde nichts für ihn, und das ist für mich bei einem solchen Beziehungsdrama fatal. Martin und Agate wirken etwas ausgewogener, aber sie sind natürlich am Ende nur Opfer und Spielbälle seiner Launen und Neigungen, sodass er das Geschehen völlig dominiert. Schade, denn Wishaw und Exarchopoulos liefern ebenso starke Darstellungen wie Rogowski, nur kommen sie mit ihren Figuren nicht gleichwertig zur Geltung. Die Regie bemüht sich um einen direkten, ungeschminkten, angenehm unkitschigen Ton, und all das könnte durchaus für einen wirklich sehenswerten Film reichen, wenn es mir nur gelungen wäre, irgendeine Beziehung zu dem Geschehen herzustellen. Ist es aber leider nicht… ˜˜» (5.9.)