Past Lives von Celine Song. USA, 2023. Greta Lee, Teo Yoo, John Magaro, Moon Seung-ah, Leem Seung-min
Eine unvollendete Romanze über zwei Kontinente und zweieinhalb Jahrzehnte hinweg: Na Young und Hae Sung gehen zusammen zur Schule in Seoul, und sie mögen sich, obwohl sie grundverschieden sind. Als ihre Eltern entscheiden, in die USA zu emigrieren, erfährt ihre Freundschaft ein abruptes Ende, ohne dass die beiden imstande wären, ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Viele Jahre später – sie lebt in New York, heißt mittlerweile Nora, er lebt noch immer in Seoul – haben sie erstmals wieder Kontakt via Skype, den sie jedoch auf unbestimmte Zeit und ohne klare Gründe unterbricht. Wieder vergehen zwölf Jahre – sie ist mittlerweile verheiratet, er studiert in Seoul und lebt nach einer kürzlich gescheiterten Beziehung auch mit über Dreißig noch immer bei den Eltern -, bis sie sich tatsächlich in New York treffen. Ihre starke Verbundenheit ist spürbar, doch während er immer wieder Annäherungsversuche macht, kann oder will sie nicht aus ihrem Leben ausbrechen, und so reist er wieder ab, ohne dass sie sich so nahe gekommen wären, wie sie es sich beide vielleicht gewünscht hätten.
Um diesmal mit dem Meckern anzufangen: Der Film erzählt zum Thema Migration sehr viel weniger, als ich erwartet und auch gehofft hatte. Das Ankommen in einer neuen Welt, einem neuen Leben, einer neuen Kultur, einer neuen Identität macht eigentlich einen ziemlich elementaren Teil dieser Story aus, kommt jedoch in diesen einhundert Minuten eindeutig zu kurz, wird höchstens indirekt in ihren Berichten und Erinnerungen aus ihrer Zeit in den USA behandelt, und das wird meiner Meinung nach der Bedeutung dieses Themas hier nicht so ganz gerecht. Schade. Der Fokus der Autorin/Regisseurin, und dass muss ich einfach akzeptieren, liegt deutlich auf der Beziehungsebene, und dort wiederum funktioniert der Film ganz prima, zum einen dank der beiden wunderbaren Hauptdarsteller, die ohne allzu viele Worte eine selten eindrucksvolle Chemie erzeugen, zum anderen dank der äußerst sensiblen Regie, die mit viel Gefühl für Blicke und Körpersprache den gemeinsamen Momenten der beiden viel Raum gibt und, ebenfalls ohne viele Worte, ihre inneren Kämpfe, Unsicherheiten, Ängste sehr schön zum Ausdruck bringt. Das ist dann wiederum sehr bewegend inszeniert, und hätte mir eben noch viel besser gefallen, wenn ein bisschen mehr Fleisch an die Liebesgeschichte gegeben worden wäre und wenn die Kamera vielleicht auch mal etwas anderes von NYC gezeigt hätte als nur Postkartenmotive der Manhattan Skyline und der Statue of Liberty. Im Sinne von Erdung im Alltag, meine ich. Auf dem Gebiet der Sprache ist die Regisseurin deutlich aufmerksamer und scheinbar auch interessierter, zwischen Koreanisch und dem neu erlernten Amerikanisch müssen sich die beiden auf jeweils unterschiedliche Weise zurechtfinden. Und das ist genau ihre Geschichte, dass sie vielleicht manchmal am gleichen Ort sein mögen, jedoch niemals in der gleichen Phase ihres Lebens. Was auch an den gänzlich unterschiedlichen Temperamenten liegt: Sie ist immer eher jemand, die geht, die unterwegs ist, ehrgeizig, neugierig, während er ausharrt, am Ort bleibt, für ihr Verständnis stagniert, weshalb sie ihn einmal einen ganz typischen Koreaner nennt.
Bei allem Für und Wider habe ich den Film dennoch gern gesehen, und wenn’s zwischendurch noch ein Bonbon in Form eines lang nicht mehr gehörten Songs von John Cale gibt, dann bin ich doch ganz zufrieden. » (23.8.)