Roter Himmel von Christian Petzold. BRD, 2023. Thomas Schubert, Paula Beer, Langston Uibel, Enno Trebs, Matthias Brandt

   Ein heißer Sommer an der mecklenburgischen Küste, verheerende Waldbrände, die die Menschen und ihre Wohnorte bedrohen und dazu ein paar amouröse Verzwickungen unter Künstlervolk. Leon, ein junger Schriftsteller – ein wenig egozentrisch und wehleidig und allgemein mürrisch -, der in der Abgeschiedenheit eines Hauses im Wald seinen neuesten Text beenden will. Sein Freund Felix, ein wesentlich besser gelaunter und offener Fotograf, der am Meer nach Inspiration für eine Bewerbungsmappe sucht. Nadja, scheinbar „nur“ Eisverkäuferin, tatsächlich aber Literaturwissenschaftlerin mit einer Vorliebe für Heine, die auf ein Stipendium für ihre Dissertation wartet. Und schließlich Devid, der solch geistigen Sphären eher ferner steht und sich dafür lieber den körperlichen Dingen zuwendet. Hinzu kommt im zweiten Teil Helmut, ein Verleger aus Berlin, der Leon eigentlich nur seinen Text um die Ohren hauen will, stattdessen aber reges Interesse an den Projekten der anderen zeigt.inzu kommt

 Leon strauchelt von einer peinlichen Situation in die nächste, hauptsächlich, weil er sich vom Fleck weg in Nadja verliebt, ihr das aber erst viel zu spät sagen kann. Dann nämlich wird‘s tragisch: Helmut hat Krebs und bricht unter Schmerzen zusammen, und Felix und Devid sterben als Liebende eng umschlungen in den Flammen. Einige Zeit später treffen Leon und Nadja sich bei Helmut wieder – ihr Lächeln lässt offen, ob und wie es mit ihnen weitergehen wird.

   Christian Petzold hat diesen Reigen mit der ihm eigenen Ruhe und Klarheit inszeniert, einer Art von Selbstverständlichkeit, die selbst schlimmste Schicksalsschläge und unberechenbare Gefühlswendungen fast beiläufig in den Erzählfluss aufnehmen, ohne jede Spur von Aufregung oder gar Pathos. Das hat mir immer besonders gefallen an seinen Filmen, und das gefällt mir auch an diesem neuen. Und natürlich seine Liebe für die nordöstlichen Regionen, die er schon in mehreren anderen Werken gezeigt hat. Und natürlich auch und ganz besonders seine Musen, einst Nina Hoss, nun Paula Beer, die wieder ganz fabelhaft ist und eindeutig die interessanteste, weil geheimnisvollste der hier vorgestellten Personen. Geheimnisvoll vor allem, weil wir sie ausschließlich aus der Sicht Leons betrachten müssen, und der ist in seiner Wahrnehmung denkbar beschränkt, da er vorwiegend um sich selbst und seine Befindlichkeit kreist und sich durch die gute Laune und das rege Sexleben der anderen nur noch weiter herunterziehen lässt. Viel zu spät scheinbar eignet er sich dann noch ein wenig Vernunft und Empathie an, vielleicht auch unter dem Eindruck der alptraumhaften Erlebnisse, die dem schrägen Sommeridyll ein jähes Ende bereiten.

 

   Hans Fromms Kamera ist wieder immer genauso beherrscht wie Petzolds Tempo, nur einige prägnante Bilder fallen heraus: Das rote Leuchten des Feuerhimmels, das immer näher kommt, der Dröhnen der Löschhubschrauber über den Köpfen der Beteiligten, der brennende Wildschweinfrischling, der vor Leons Augen im Wald verendet, und schließlich die fest umklammerten toten Männer, die der Feuerwalze zum Opfer fielen. Da diese Bilder in allzu scharfem Kontrast zu Leons banalen Seelenergüssen stehen und ich mit Typen wie ihm allgemein nicht so sehr viel anzufangen vermag, ist dies sicherlich nicht mein liebster Petzold-Film. Aber er ist halt so gekonnt inszeniert und gespielt wie gewohnt und hebt sich durch den ganz eigenen Stil des Filmemachers immer noch ein gutes Stück ab von den Durchschnittsprodukten, die man sonst so zu sehen kriegt. Und solange das so bleibt, will ich auch zufrieden damit sein. ˜˜˜˜ (9.5.)