Was man von hier aus sehen kann von Aron Lehmann. BRD, 2022. Luna Wedler, Corinna Harfouch, Karl Markovics, Ava Petsch, Cosmo Taut, Benny Radjaipour, Rosalie Thomass, Peter Schneider, Hansi Jochmann, Katja Studt, Johannes Allmayer
Luise erzählt von sich und ihrem Leben und ihren Leuten daheim im kleinen Dorf im Westerwald. Den eher entfremdeten Eltern, dem Nachbarsjungen Martin, ihrem besten Freund und Spielkamerad, und vor allem der geliebten Oma Selma, bei der sie aufwächst und die wiederum heimlich vom Optiker umschwärmt wird. Selma hat eine besondere Gabe: Immer, wenn ihr im Traum ein Okapi erscheint, kommt jemand im Ort zu Tode, und da sie das sehr schnell rumgesprochen hat, löst die Nachricht von einem neuerlichen Traum geradezu apokalyptische Szenen aus. Erst als Selma selbst im Sterben liegt, ordnen sich die Verhältnisse ein wenig: Der Optiker offenbart seine jahrzehntelang unterdrückten Gefühle und unvollendeten Liebesbriefe, und Luise, die einst den tragischen Tod ihres Martin verkraften musste, findet wohl auch einen netten jungen Mann zum Liebhaben…
Ein im positivsten Sinne überraschender Film aus deutschen Landen, unkonventionell, originell und wunderbar launig. Ohne das Buch zu kennen, wage ich mal die Behauptung, dass dies wiederum ein gelungener Versuch ist, ein Stück Literatur mit spezifisch filmischen Mitteln auf die Leinwand zu bringen (siehe oben…), und herausgekommen ist eine extrem unterhaltsame Art Tragikomödie, die skurrile und poetische, traurige und makaber witzige Momente so gekonnt zusammenknetet, dass ein wirklich sehr gelungenes Ganzes entstanden ist. Die Erzählung der Gegenwart wird ständig unterlaufen von Luises Erinnerungen und Visionen, die mal erschreckend und mal täuschend real sind, Sehnsüchte und Ängste sind ihre ständigen Begleiter, und auch die unerschütterliche Liebe ihrer Oma kann sie natürlich nicht davor bewahren, dass sie ihr Leben selbst leben und ihre Verluste und Tiefschläge selbst verarbeiten muss. Der Film schwingt sich dabei nicht zu irgendwelchen philosophischen Höhen auf, er bleibt angenehm unprätentiös und hält eine ziemlich ideale Balance zwischen den verschiedenen Aggregatzuständen, lässt sich weder allzutief ins Dramatische einerseits noch ins Wohlfühlregister andererseits fallen, und damit gelingt ihm schon mal, was die wenigsten Filmen in dieser Richtung fertigbringen, nämlich amüsant und ergreifend zu sein, ohne auf übermäßig platte Methoden zurückgreifen zu müssen. Dabei helfen ein sehr ausgewogenes Drehbuch und eine einfallsreiche Regie, dabei helfen vor allem die tollen Schauspieler, die immer genau den richtigen Ton zu treffen scheinen, und das ist nicht ganz einfach bei solch schrägen Charakteren, die leicht auch ins Comichafte hätten kippen können. So ist alles in allem ein recht heikler Balanceakt auf ganzer Linie geglückt, schön, dass das mal geklappt hat. Die perfekte Empfehlung für einen Sonntagnachmittag im Februar… (19.2.)