Die Herrlichkeit des Lebens von Georg Maas und Judith Kaufmann. BRD/Österreich, 2024. Sabin Tambrea, Henriette Confurius, Manuel Rubey, Daniela Golpashin, Peter Moltzen, Alma Hasun

   Die Liebesgeschichte vom späten Herrn Kafka und der um fünfzehn Jahre jüngeren Dora Diamant. Kennenlernen im Ostseebad Graal-Müritz, Trennung, als sie zurück nach Berlin geht und er nach Prag, weil er sich noch nicht von den Eltern trennen kann. Dann die Wiedervereinigung in Berlin, wohin er zieht, um sich endlich zu befreien, und dann die letzten gemeinsamen Monate, erst in einer zugigen Wohnung, wo seine Tuberkulose voll ausbricht, dann in einem Sanatorium, wo Kafka stirbt. Die zuvor höchst ungeliebte „Ostjüdin“ Dora hat sich mittlerweile Papa Kafkas Respekt erworben, und so überlässt er ihr die Gestaltung des Begräbnisses. Zuvor bereits hat Kafkas langjähriger Freund Max Brod die legendäre Entscheidung getroffen, dem letzten Willen des Autors nicht zu folgen und sein komplettes Schaffen zu verbrennen.

 

   Das Kino war randvoll, und genau so ist der Film auch. Nicht mehr und nicht weniger als eine sehr gefällig und schön bebilderte und wirklich gut gespielte Liebesgeschichte, die allerdings, und das muss einfach gesagt werden, mit ihrem Potential, das heißt, dem Potential, das in seinen Hauptfiguren schlummert, geradezu kriminell fahrlässig und oberflächlich umgeht. Vor allem Kafka bleibt mir völlig fern – ein anämisch Leidender und Liebender, der das vitale fremde Mädchen hartnäckig umwirbt, um dann schrittweise vom Erdboden zu verschwinden, dessen gesamte Abgründe und Eigenheiten jedoch fast vollkommen ausgespart werden, und es ist ziemlich offensichtlich, wieso. Die Dora ist schon präsenter, auch dank der fabelhaften Darstellung von Henriette Confurius, eine politisch und religiös sehr engagierte junge Frau zwischen Kinder- und Gemeindearbeit, die ihre jüdische Identität, anders als der im Film zumindest als recht distanziert beschriebene Kafka, mit vollem Selbstbewusstsein auslebt und sich niemals mit den Verhältnissen abfinden kann, auch nicht mit den Ressentiments, die die sogenannten „Ostjuden“ ertragen mussten. Es gibt immer ein paar Schnipsel und Häppchen, die uns zwischendurch mal hingeworfen werden, ein bisschen was über Doras politisiertes Umfeld, ein bisschen was über Kafkas kompliziertes Familiengefüge (die allzu behütende Schwester, der herrische Vater, der persönlich nur einmal in Form seiner Stimme auftaucht) oder die Freundschaft zum treuen Max Brod. Seine Kunst bleibt dabei im Dunkeln – ein paar vorgelesene Zeilen können unmöglich dazu dienen, mir diese Literatur näher zu bringen oder sie gar in irgendein Verhältnis zu dem Gezeigten zu setzen. Auch das war offenkundig nicht das Ziel hier – das Ziel war einzig und allein, den berühmten Namen als Zugpferd zu nutzen für eine schicke, Frascati-taugliche Story, die in dieser Form zweifellos kompetent umgesetzt wurde. Wenn man vielleicht etwas anderes, sprich mehr erwartet hat, ist man hier definitiv an der falschen Adresse – das Kino ist voll, also wer wird sich beklagen…? ˜˜˜ (25.3.)