Element Of Crime – Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin von Charly Hübner. BRD, 2024.

   Ein gesteckt voller Kinosaal mit gut über hundert Leuten drin – und ich hatte schon geglaubt, Sven Regener und seine Jungs seien in den letzten zehn, fünfzehn Jahren langsam aber sicher in Vergessenheit geraten. Falsch gedacht! Für mich sind Element Of Crime eine Band, die in den Neunzigern eine ganze Reihe wundervoller Alben produziert und sich in späteren Jahren mehr oder weniger wiederholt hat, wenn auch sicherlich auf sehr angenehme Weise. Es scheint an der Zeit, dass ich mich auch mal diesem späteren Werk widme – oder auch ihren Anfängen, den ersten Scheiben aus den 80ern, noch auf Englisch eingespielt und in einem Falle gar von einer Größe wie John Cale produziert. Charly Hübners schöner Dokumentarfilm, im Rahmen einer kleinen Berlintournee 2023 entstanden und mit vielen Interviews, alten und aktuellen Aufnahmen ausgestattet, scheint auch eher in diese Richtung zu gehen, zurück in das legendäre Berlin vor dem Mauerfall mit seiner ganz eigenen, ebenso vitalen wie sperrigen Kulturszene, die so wohl nur im Schatten des Kalten Krieges entstehen und gedeihen konnte. Aus dieser Szene nämlich stammt die Band, auch wenn ich sie später klangmäßig eher im hanseatischen Milieu verortet hätte („Schwere See“, „Vier Stunden vor Elbe 1“ undsoweiter). Am Anfang eher eine ganz normale Rockband in vager Abgrenzung zum damals in Berlin noch sehr populären Punk, mit griffigen, eingängigen Rocksongs, die erst nach ein paar Jahren zu ihrem eigenen, unverwechselbaren Stil fanden, geprägt von Regeners kauzig-poetisch-eigenwilligen Chansontexten, nun auf Deutsch, und einer Musik, die schon auf „Damals hinterm Mond“ mit Trompete, Saxophon und Akkordeon ein wenig aus der Zeit gefallen war und sich in den letzten gut dreißig Jahren kaum verändert hat (davon konnte ich mich gerade nochmal überzeugen, indem ich ihr aktuelles Album „Morgens um vier“ angehört habe). Was mich daher fast mehr interessiert hat als der Werdegang der Band selbst, ist das Drumherum, ihre Verflechtung mit Berlin, der Szene dort, und das hat bis heute Bestand, den noch immer tauchen junge lokale Musiker als Support auf und erweisen den alten Herren Respekt, und so kriege ich auch einen ganz guten Eindruck davon, inwieweit die Band Einfluss genommen hat, nicht nur als Deutschrockband, sondern vor allem als eine Band, die sich stilistisch und textlich deutlich abhebt vom Durchschnitt und die diesen Weg konsequent bis heute verfolgt. Hübner schafft viel Atmosphäre, wenn er die alten Aufnahmen quasi als Musikclip montiert, irgendwo zwischen Nostalgie und wirklicher Dokumentation, eine Hommage an die alte Frontstadt, speziell natürlich an Kreuzberg, an die Clubs, von denen es nur noch einige wenige gibt, einen nur noch, um genau zu sein, der älter ist als Element Of Crime. Die Sehnsucht nach den guten alten zweiten wird aber nicht auf die Spitze getrieben, sondern trefflich abgefedert durch die erwähnten jungen Musiker, die daran erinnern, dass durchaus Hoffnung besteht und es vor allem in Berlin weiterhin eine höchst aktive und eindrucksvolle Musikszene für jeden Geschmack gibt.

 

   Hübner findet erwartungsgemäß einen lockeren, freundschaftlichen Ton, veranstaltet keine Tiefenbohrung, biedert sich aber auch nicht an, lässt die Herren plaudern über Damals und Jetzt und lässt sie gern auch mal einfach nur Musik machen. Das ist auch gut so, denn auf diese Weise können sie sich immer noch am besten ausdrücken. ˜˜˜˜ (1.10.)