Kein Wort von Hanna Slak. BRD/Frankreich/Slowenien, 2023. Maren Eggert, Jona Levin Nicolai, Maryam Zaree, Juliane Siebecke, Gina Haller, Mehdi Nebbou, Yura Yang
Nina hat schon längst den Kontakt zu ihrem halbwüchsigen Sohn Lars verloren, vorwiegend, weil ihr die Karriere als Orchesterdirigentin vorzugehen scheint. Beim getrennt lebenden Vater klingelt auch dauernd das Handy, also hat Lars von dem auch nicht mehr zu erwarten. An seiner Schule ist ein Mädchen aus der Parallelklasse gestorben, offenbar brutal ermordet, und obwohl Nina mitbekommt, dass Lars irgendwie damit zu tun hat, geht sie dem Thema und ihrem Sohn aus dem Weg, solange, bis er aus einem Fenster in seiner Schule „fällt“ und sie endlich begreift, dass sie etwas tun muss. Also fahren die beiden in die Bretagne auf die Belle-Île, wo sie schon mehrere Urlaube verbracht haben. Beide tun sich sehr schwer, sich füreinander zu öffnen, doch am Ende sieht es doch so aus, als hätten sich Mutter und Sohn wieder ein wenig angenähert.
Ein sehr konzentriert und knapp inszeniertes Drama, das auch dort sehr knapp bleibt, wo ich mir vielleicht doch etwas mehr Raum und Zeit für das Miteinander der beiden Hauptpersonen gewünscht hätte. Doch die Beziehung zwischen Nina und Lars bleibt spröde, geprägt von viel Unausgesprochenem, was gelegentlich sogar zu schwerwiegenden Missverständnissen führt, denn einen Moment lang befürchtet Nina sogar, ihr Sohn könne etwas mit dem Tod des Mädchens zu tun gehabt haben, und ihr Versuch, die ganze Geschichte einfach unter den Teppich zu kehren, resultiert aus Angst, ein bisschen Feigheit und auch Zeitmangel, denn stets und ständig meldet sich irgendjemand bei ihr und will etwas, stets und ständig vertröstet sie ihren Sohn oder würgt ihn ab, hat sie schlicht und einfach andere Prioritäten. Wenn sie dann am Schluss doch das große Orchester dirigiert und den großen Auftritt hat, auf den sie ewig hingearbeitet haben wird, habe ich schon gemischte Gefühle dabei, aber immerhin ist Lars mit im Publikum, und es gibt einen schönen kleinen Moment der Telepathie zwischen den beiden, der sie kurz innehalten lässt, bevor sie dann den Stab hebt und die Leinwand abrupt schwarz wird.
Besondere Momente wie diesen gibt es ansonsten eher nicht – die Regie bleibt unauffällig und effizient, verlässt sich auf das gute Drehbuch (auch von Hanna Slak verfasst) und das gewohnt starke, nuancenreiche Spiel Maren Eggerts, die ihre kühle, immer etwas distanzierte Aura hier und da sehr wirkungsvoll aufbricht und Blicke hinter die Fassade der Karrierefrau erlaubt. Zusammen mit Jona Levin Nicolai hat sie starke Momente, von denen ich mir wie schon gesagt mehr erhofft hatte, aber wenn ich dann andererseits so viele herrliche Impressionen aus der winterlichen Bretagne bekomme, bin ich natürlich total zufrieden, genieße die Stimmung und die Landschaft, und nehme einen Film mit, der einerseits angenehm einfühlsam, zurückhaltend und unprätentiös ist, der aus seiner Geschichte aber vielleicht doch noch etwas mehr hätte herausholen können. (9.7.)