Münter & Kandinsky von Marcus O. Rosenmüller. BRD, 2024. Vanessa Loibl, Vladimir Burlakov, Monika Gossmann, Alexej Ekimov, Felix Klare, Julian Koechlin, Hendrik Heutmann, Johanna Griebel
Noch’n Künstlerfilm, und der Titel informiert schon darüber, um wen es geht. Eine On-Off-Beziehung zweier Künstler über anderthalb Jahrzehnte, die damit endet, dass er ohne Abschied auf Nimmerwiedersehen verschwindet, in seiner Heimat Moskau eine andere heiratet und dann als Bauhauslehrer in Weimar weitermacht, während sie von ihm nie so recht loskommt und trotz aller Verletztheit sein Werk auch später noch vor dem Zugriff der Nazis beschützt, um es dann einige Jahre vor ihrem Tod zusammen mit anderen Werken des Blauen Reiters ans Lenbachhaus zu verschenken und damit endlich der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Daneben geht‘s um Münters jahrzehntelanges, hartnäckiges und wenigstens teilweise erfolgreiches Bemühen, als eigenständige Künstlerin anerkannt zu werden, statt als klassische Frau an seiner Seite immer nur im Schatten Kandinskys zu stehen, wie er selbst es zweifellos bevorzugt hätte. Es geht um einen launischen, egozentrischen Künstler, dessen künstlerische Qualitäten wie so häufig in umgekehrt proportionalem Verhältnis zu seinen menschlichen Qualitäten stehen, der seine Geliebte erst jahrelang hinhält, sich nicht scheiden lassen will, um dann im Chaos des Ersten Weltkriegs einen einmalig feigen Abgang hinzulegen und Münter in Stockholm ohne ein Wort einfach zurückzulassen und sich in seiner russischen Heimat neu zu verheiraten und sich mit Lenins Regime zu arrangieren. Und dann geht’s auch noch um die Ursprünge der modernen Malerei, die in den ersten Jahren des neuen Jahrhunderts aus der Taufe gehoben wurde, bevor dann einige der wichtigsten Protagonisten (Marc und Macke vor allem) für Kaiser und Vaterland ihr Leben ließen. Kandinsky und andere tun sich zunächst in der Gruppe Phalanx zusammen, Münter ist zunächst nur Schülerin, exponiert sich dann aber rasch, und bald entstehen Kontakte zu Gleichgesinnten. Namen wie Werefkin, Jawlensky tauchen neben den oben benannten Herrschaften ebenfalls auf, der Blaue Reiter wird als nur eine von mehreren Gruppen gegründet und steht gleich unter starkem innerem Druck, denn die Herren Künstler sind sich naturgemäß in vielem uneinig und haben obendrein noch ihr eigenes Ego zu füttern.
In gut zwei alles andere als kurzweiligen Stunden muss also eine ganze Menge Stoff durchgenommen werden, und wie immer leidet das Projekt dann genau darunter – was soll erzählt werden und in welcher Ausführlichkeit. Obwohl der Film sich eigentlich auf eine recht kurze Zeitspanne konzentriert, gelingt es ihm nicht einmal, selbige befriedigend und sinnig zu erzählen, sodass mir das Ganze sehr oft sehr episodisch und eher oberflächlich vorkam. Eine Menge Themen und Motive werden angetippt, doch zu mehr reicht es eigentlich nicht, und obwohl Gabriele Münter mit zunehmender Dauer auch zunehmend in den Mittelpunkt der Erzählung rückt, bliebe mir ihre Arbeit als Künstlerin eher fremd, wenn ich nicht mit einigen Bildern schon vertraut wäre. Das klassische Manko vieler Künstlerfilme – nur weil sie um Himmels Willen kein Schulfunk werden wollen, belassen sie es bei flüchtigen Impressionen und untergraben so mit schönster Regelmäßigkeit einen Teil ihres eigenen Anspruchs. Bleibt die Liebesgeschichte der beiden, die wenigstens sehr gut gespielt und ansprechend bebildert wird, aber wiederum unter einem teilweise haarsträubend schwachen Drehbuch leidet, das den armen Schauspielern Sentenzen in den Mund legt, die sie mit sichtlichem Unbehagen von sich geben. Steif und didaktisch kommen die Dialoge allzu häufig daher, wirken so ungelenk und künstlich, dass jede Wirkung darüber verloren geht. Auf diese Weise gehen fast alle Szenen mit dem Blauen Reiter total in die Binsen, was mir besonders leidgetan hat, denn gerade dieser Teil von Münters und Kandinskys Biographie hätte mich besonders interessiert. Die durchaus gelungenen Sequenzen zwischendurch machen die Unausgeglichenheit und Unausgewogenheit des Drehbuchs umso deutlicher und weisen darauf hin, dass hier mehr drin gewesen wäre. Und so bleibt dies trotz des interessanten Themas einer der schwächeren Künstlerfilme der letzten Jahre, der zumindest mir persönlich die Zeit gegen Ende ziiiemlich lang werden ließ. » (9.12.)