Riefenstahl von Andres Veiel. BRD, 2024

   Die Riefenstahl ist natürlich ein dankbares Objekt für Dokus jeglicher Art. Es gibt ja auch schon ein paar davon, die einen wüst und polemisch, die anderen eher schlicht und faktenbasiert. Andreas Veiel hat sehr viel Material gesammelt und kunstvoll und suggestiv montiert, ein fast zweistündiger Fluss aus Schnipseln, Überblendungen und einer (Über)- Fülle an Archivauswertungen, all dies untermalt von einem cool dräuenden Elektroniksoundtrack, und für meinen Geschmack insgesamt ein wenig zu verliebt in seine eigene Form. Damit hat er den bisher vielleicht künstlerisch ambitioniertesten oder meinetwegen schicksten Riefenstahl-Dokufilm gemacht, aber ich könnte nicht behaupten, dass ich hier irgendetwas Neues erfahren habe. Zu gründlich wurden Leben und Werk dieser exzentrischen Dame bereits durchleuchtet, zu exponiert war sie teilweise in den Medien, zu offensichtlich und telegen waren ihre wesentlichen Charaktereigenschaften: Eitelkeit, Oberflächlichkeit und eine geradezu lachhafte, pathologische Verlogenheit, die uns immer wieder sprachlos macht, weil sie ja trotz aller anderslautenden Tatsachen unermüdlich betont hat, wie unpolitisch, ahnungslos und arglos sie während ihrer Filmarbeit in der Nazizeit gewesen sei und wie maßlos empörend und ungerecht all die vielen Anschuldigung über all die vielen Jahre gewesen seien, erst recht die im Zusammenhang mit den Dreharbeiten zu ihrem Tiefland-Film und den dafür eingesetzten KZ-Komparsen. Es ist fast schon faszinierend mitanzusehen, wie felsenfest überzeugt sie diesen Standpunkt verteidigt hat und wie giftig und kämpferisch sie noch bis ins hohe Alter aufzutreten imstande war. Das sorgt noch immer für spontane Lacher im Publikum, aber wenn ich recht drüber nachdenke, hat Veiel es versäumt, dem einen oder anderen interessanten Seitenpfad mal weiter nachzugehen. Riefenstahls Reportage über den Polenfeldzug beispielsweise. Er hat es auch versäumt, sich einmal etwas eingehender mit ihrer Vorstellung von Ästhetik zu beschäftigen, vor allem mit der Frage, inwieweit sie möglicherweise doch noch bis ins Hier und Jetzt ausstrahlt. Ausführliche Zitate aus ihren Nazipropagandafilmen oder ihren grotesken Afrikaexpeditionen der 60er Jahre reichen da nicht, wie ich finde, da bedarf es schon einer gezielteren Betrachtung. Daher ist dies für meinen Geschmack keineswegs ein herausragender Dokumentarfilm, da habe ich von Veiel schon deutlich bessere gesehen. Riefenstahl wird auch weiterhin für ein fassungsloses Staunen gut sein, keine Frage, aber wenn es dann nicht weiter geht, kann solch ein Film bereits existierenden Kanon keinen neuen Akzent hinzufügen. ˜˜˜ (6.11.)