The dead don‘t hurt (#) von Viggo Mortensen. England/Mexiko/Dänemark, 2023. Viggo Mortensen, Vicky Krieps, Solly McLeod, Garrett Dillahunt, Danny Huston, W. Earl Brown, Colin Morgan
Im Weste(r)n nichts Neues, könnte man vielleicht kurz zusammenfassen, aber ganz so lieblos möchte ich diesen Film von und mit Viggo Mortensen (der auch das Drehbuch schrieb und noch die schöne Filmmusik komponierte) dann doch nicht abtun, das wäre auch ungerecht, denn schlecht ist der Film ganz und gar nicht. Er versammelt eben nur eine Reihe bekannter Typen und Motive aus dem klassischen Western, garniert sie mit zwei etwas unkonventionelleren Protagonisten (einer sperrigen Dame aus dem franko-kanadischen und einem ebenso sperrigen Herrn aus dem skandinavischen Sprachraum). Diese beiden Herrschaften lernen sich kennen und lieben, als Vivienne vor einem allzu aufdringlichen und dünkelhaften Bewunderer flieht, geradewegs in die Arme von Olsen, der sie dann mitnimmt nach Nevada, wo er mitten in der Pampa Land erworben hat. In der Nähe eine Kleinstadt, die, wie sollte es auch anders sein, von einem mächtigen Familienclan beherrscht und von dem ständig volltrunkenen Jüngling derselben Familie brutalst terrorisiert wird. Es kommt, wie es kommen muss – Olsen verlässt seine Vivienne, um in den Bürgerkrieg zu ziehen, der, wie sie verbittert und völlig richtig feststellt, nicht sein Krieg ist, weil dieses Land nicht sein Land ist. Er geht aber trotzdem, weil ein Mann halt tut, was ein Mann tun muss, und damit macht er den Weg frei für den Unhold, der über Vivienne herfällt, sie misshandelt und schwängert und ihr wohl auch jene Syphilis anhängt, an der sie ein paar Jahre später sterben wird. Der heimgekehrte Olsen nimmt den Jungen, der aus diesem Gewaltakt hervorging, als seinen Sohn an, verfolgt den Unhold und vollendet seine Rache. Dann zieht er mit dem kleinen Vincent zu Pferd gen Westen, bis die beiden an den großen Ozean stoßen, wo ihre Welt zu Ende ist.
Alles schon mal dagewesen, so oder ähnlich, wie schon gesagt, das macht aber nichts, denn Mortensen hat trotzdem einen schönen, stimmungsvollen Film gemacht, der sich gottseidank größerer Gewaltexzesse enthält, weitgehend sehr ruhig erzählt und sich vor allem auf die Hauptfiguren einlässt. Krieps und Mortensen machen einen fabelhaften Job und sind goldrichtig besetzt als eigensinnige und markante Charaktere, und da kann man schon mal über die etwas klischeehaften Randfiguren hinwegsehen, die den Wilden Westen hier ansonsten noch bevölkern, und ohne die es scheinbar gar nicht geht. Manches wird dadurch vorhersehbar, und Mortensen hatte scheinbar auch gar nicht die Absicht, den vorgezeichneten Lauf der Dinge einmal zu variieren, zu verändern und damit auch einige Gesetzmäßigkeiten des Genres in Frage zu stellen. Schade eigentlich, denn das Potential ist hier durchaus erkennbar. Im Kern ist dies also eine Rachegeschichte, wie wir sie schon x-mal gesehen haben, andererseits ist es aber auch eine Siedler- und Siedlungsgeschichte, und wenigstens am Rand kriegen wir etwas von den dubiosen Machenschaften rund um den mächtigen Familienchef und den lokalen Geschäftemacher mit – die beide aber ebenfalls sehr schnell als Bösewichter identifiziert werden. Immerhin bemüht sich Mortensen um eine etwas originellere Erzählweise und springt munter zwischen verschiedenen Zeitebenen hin und her, und so wissen wir schon ganz früh, dass Viviennes und Olsens gemeinsames Glück nicht von allzu langer Dauer sein wird. Das gibt dem Ganzen einen schön melancholischen Grundton, Mortensens Musik tut ihr Übriges dazu, und schon kommen gut zwei schöne Kinostunden aus dem mythischen Westen zusammen, wie ich sie zwischendurch immer mal gerne sehe. (19.8.)