The Wicker Man (#) von Robin Hardy. England, 1973. Edward Woodward, Christopher Lee, Britt Ekland, Ingrid Pitt, Diane Cilento
Dies ist selbst für die 70er ein echt schräger Film – und das will wirklich was heißen! Folkrock, Ritualhorror und auch ein bisserl Sex, fröhlich miteinander verquirlt, in schicke Bilder verpackt und dann ab auf eine entlegene schottische Insel geschickt, wo Mr. Saruman Lee als freigeistiger Adeliger mit absolut lächerlicher Perücke einen uralten Kult wiederbelebt und nun mit seinen Inselbewohnern zusammen exerziert. Um die Göttin der Ernte milde zu stimmen und weitere Missernten abzuwenden, muss gelegentlich das ultimative Opfer erbracht werden, und just dann kommt der titelgebende Wicker Man zum Zuge, eine große Strohfigur, in die das Opfer zunächst hinein-gesteckt und dann an-gesteckt wird, während die Insulaner tanzend und singend zuschauen und feiern. Diesmal trifft’s einen sehr frommen Polizeisergeant vom Festland, der mit List und Tücke angelockt wird und den das blasphemische Treiben kurz vor der Maifeier ohnehin schon arg brüskiert und – allemal wenn Britt Ekland blank zieht – in einige hormonelle Nöte stürzt. Doch er bleibt standfest, widersteht allen Versuchungen, weil er sich für die kommende Ehe aufsparen will. Allein, das nützt ihm leider nichts, denn er landet ja im Wicker Man, und man sieht dem lustigen Lord direkt an, wieviel Spaß es ihm bereitet, einen so überzeugten Christenmenschen in Flammen aufgehen zu sehen im Dienste ihres heidnischen Unfugs.
„Unfug“ trifft’s auch allgemein ganz gut – natürlich ist dieser Film nicht mehr als das, aber wie viele der besseren Trashfilme hat auch dieser einen gewissen subversiven Charme. Die zunehmend empörte Frömmigkeit des Sergeants trifft auf die unbekümmerte Dorfgemeinschaft, die wenig auf bürgerlich-christliche Sitten gibt und schon den Kleinen erfrischend direkt Aufklärungsunterricht zuteilwerden lässt, von den nächtlichen Massenorgien draußen auf dem Dorfrasen ganz zu schweigen. Der brave Kerl von Festland wirkt in dieser Umgebung irgendwie spießig, verstockt und auch ein bisschen einfältig, weswegen man nicht so richtig mitfiebert mit ihm und seiner Suche nach dem vermeintlich verschwundenen Mädchen. Auch sein schlimmes Ende, das angenehm dezent gestaltet wird, ruft bei mir weniger Schrecken als vielmehr Unbehagen hervor, aber das hatte sich schon im Verlauf der neunzig Minuten langsam aber sicher angehäuft, denn natürlich kriegt man bald mit, das irgendwas auf dieser Insel komisch ist, und gerade der Kontrast zwischen fiebriger, total amoralischer Barbarei und euphorisch-hippieeskem Peace-and-Love-Getue gibt dem Film einen schön wirkungsvollen Unterton, der mich allemal mehr anspricht als Splatter und Gemetzel. Davon gibt’s hier gottlob nix zu sehen, und so ist dies eine hübsche Ausgrabung, eine Kuriosität und Rarität aus den entlegeneren Abteilungen der Filmarchive, und ich würde mich freuen, mehr von dieser Sorte zu sehen zu bekommen, denn da wird es ganz sicher noch einige Schätzchen zu heben geben… (13.11.)