El maestro que prometió el mar (Der Lehrer, der uns das Meer versprach) von Patricia Font. Spanien, 2023. Enric Auquer, Laia Costa, Luisa Gavasa, Nicolás Calvo, Gael Aparício, Alba Hermoso, Antonio Mora, Alba Guilera

   Genau wie hierzulande scheint es auch in Spanien eine Menge Episoden und Schicksale aus der jüngeren Geschichte zu geben, die noch darauf warten, gehoben zu werden. Die langen Jahre der faschistischen Diktatur lassen jede Menge Tragödien erwarten, die nach der langen Zeit des Schweigens endlich erzählt und verarbeitet werden müssen. Vor ein paar Jahren begegnete mir das Thema der erst jetzt entdeckten und geöffneten Massengräber aus Francos Zeiten schon einmal in einem Film von Almodóvar, nun ist es wieder Gegenstand einer Spurensuche, die naturgemäß mit einigem Schmerz verbunden ist.

   Auf der Suche nach Hinweisen auf ihren Urgroßvater stößt Ariadna in einem kleinen Dorf im Norden auf die Geschichte des Lehrers Antonio Benaiges, der kurz vor Ausbruch des Bürgerkriegs die Dorfschule übernimmt und sofort aneckt bei den alten lokalen Autoritäten, vor allem beim allmächtigen Pfarrer, denn sowohl seine pädagogischen Methoden als auch seine Unterrichtsthemen und erst recht die Tatsache, dass er ruckzuck den Herrn Jesus von der Wand entfernt hat, können als reine Provokation des rechten Herrschaftsblocks verstanden werden. Aber bei den Kindern kommt er nach anfänglicher Scheu bestens an, bringt ihnen spielerisch Lesen und Schreiben bei, regt ihre Kreativität mithilfe einer Druckermaschine an, mit der sie kleine Hefte anfertigen und lernen, ihre Welt in Wort und Bild zu fassen. Er verspricht ihnen schließlich, mit ihnen ans Meer zu fahren, wo noch keines der Kinder bisher war, doch bevor sie alle diesen Traum realisieren können, treten die Faschisten auf den Plan, und Antonio nimmt ein grausames Ende. Eines der Kinder in Antonios Klasse ist Ariadnas Großvater, und so schließt sich am Ende dieser Kreis, auch wenn der alte Carlos davon wohl nicht mehr sehr viel mitbekommt.

 

   Ein Film, der mir nahegeht, weil mir solche Geschichten halt nahegehen, und dem es auch in einigen sehr eindringlichen Sequenzen durchaus gelingt, das Gefühl von Trauer und zugleich Dringlichkeit nachvollziehbar zu machen. Die Angehörigen der Opfer stehen erschüttert vor den Massengräbern, und wie auch Ariadna wollen viele von ihnen das jahrzehntelange Schweigen endlich überwinden und die Wahrheit erfahren. Leider verliert die Erzählung einen Teil ihrer Überzeugungskraft, wenn von dem Lehrer damals in den 30ern die Rede ist, denn der scheint ein wahrer Heiliger gewesen zu sein, eine Lichtgestalt inmitten der dörflichen Dumpfheit, und insgesamt wurde mir das Ganze dann doch zu klischeehaft, und im Kontrast zu der düsteren, tragischen Historie im Hintergrund rücken einige Szenen unangenehm nahe an einen konventionellen Wohlfühlfilm aus der Lehrer-Schüle-Schublade heran. Wenn die Regisseurin ein bisschen weniger dick aufgetragen hätte, wäre der Gesamteindruck noch deutlich stärker. So bleibt eine Mischung aus einigen sehr starken und einigen allzu seichten Momenten, die nicht immer ganz rund und überzeugend ist, die aber auf jeden Fall ein deutliches Signal gegen das Schweigen und die Tyrannei setzt, und das ist heutzutage sehr willkommen. ˜˜˜» (10.2.)