Queer (#) von Luca Guadagnino. Italien/USA, 2024. Daniel Craig, Drew Starkey, Jason Schwartzman, Lesley Manville, Andra Ursuta, David Lowery
Nun also, auf ein Neues, ein neues Kinojahr mit hoffentlich vielen lohnenden und unterhaltsamen und interessanten Stunden vor der Leinwand.
Den Anfang macht diesmal Luca Guadagnino, der mich vor einigen Jahren mit „Call me by your name“ noch so begeisterte, der diesmal aber ehrlich gesagt hinter meinen Erwartungen ein gutes Stück zurückbleibt. Was zu einem guten Teil wohl auch am Sujet liegt, denn trotz mehrerer Romane, ich von ihm gelesen und mehrerer Verfilmungen, die ich gesehen habe, bleibt mir die Welt von Mr. Burroughs wohl auf immer fremd, und daran ändert auch *Queer“ nichts, eher im Gegenteil. Burroughs verarbeitet darin wohl seine Erlebnisse in Mexiko, unter anderem seine Suche nach einer Pflanze namens Yage, die angeblich die telepathischen Fähigkeiten des Menschen aktivieren und ihm außerdem helfen soll, von seine chronischen Heroinsucht loszukommen. Er verliebt sich in den jungen Eugene, der ihn auch ihn den Dschungel von Ecuador begleitet, wo sie einer exzentrischen Botanikerin begegnen, die ihnen zu ihrem ersten Yage-Trip verhilft, und der hat es in sich. Mr. Lee (so der Name des Alter Ego) kehrt später nach Mexiko zurück, doch Eugene ist nicht mehr da, und später erinnert sich Lee als alter Mann noch immer an die Liebe und die Sehnsucht von einst.
Ein überlanges, psychedelisches Liebesdrama in stark stilisierten Farben und Settings, das unter einem sehr langweiligen ersten Kapitel leidet und erst spät ein wenig Fahrt aufnimmt. Doch die ersten siebzig, achtzig Minuten sind tödlich: Nicht enden wollende Szenen in Kneipen und noch mehr Kneipen, amerikanische, vorwiegend offensichtlich homosexuelle Expatriates, die sich von einem Drink zum nächsten schleppen und die Leere in ihrem Leben beklagen, dann noch mehr trinken und sich irgendeinen Scheiß in die Venen schießen und weiter über die Leere in ihrem Leben beklagen. Mr. Lee ist einer von ihnen, und er wird jungen, attraktiven Eugene verfolgen und sich an ihn klammern, und ihn doch nie ganz kriegen, denn Eugene bleibt auf Distanz und hält sich alle Optionen offen. In dieser Phase wird Lee mehr und mehr zu einem ziemlich pathetischen und nervigen und für mein Empfinden unsympathischen Charakter, und daran kann auch Daniel Craigs bemerkenswert mutige Darstellung nichts ändern. Guadagnino hat seinem Protagonisten leider gar keine adäquaten Partner zur Seite gestellt, er dominiert den Film viel zu sehr, es gibt keine interessanten Nebenfiguren, und so hat sich bei mir sehr schnell eine gewisse Monotonie eingestellt. Die löst sich erst im dritten Kapitel auf, wenn nämlich die fabelhafte Lesley Manville auftritt und als schräge Pflanzenkundlerin mitten im Urwald eine herrlich wilde Show abzieht und dem Film endlich mal ein bisschen Leben einhaucht. Der Yage-Trip ist zusätzlich ein Kabinettstückchen bizarrer Comedy und schmeißt den Ton der gesamten vorherigen Szenen komplett über den Haufen, das fand ich auch ganz lustig, doch dann klatscht Guadagnino noch zwei kürzere Szenen hintendran, die der Story insgesamt keinen wirklich runden Abschluss verpassen. Und so bleibt der Eindruck eines alles in allem sehr unausgeglichenen und wenig überzeugenden Unterfangens, immerhin mit einem originellen modernen Soundtrack (unter anderem hören wir Sinéad O’Connor und Prince) und einem wie gesagt exzellenten Hauptdarsteller, doch habe ich es zweieinviertel Stunden lang nicht geschafft, zu dem Gesehen irgendeine emotionale Beziehung aufzubauen, und das ist bei solch einem Film irgendwie ungünstig. Unterm Strich bleibt die Erkenntnis, dass ich kein Fan von Mr. Burroughs geworden bin und es wohl auch nie sein werde. Es ist also genau wie im letzten Jahr - noch viel Luft nach oben. » (2.1.)